Warum die FPÖ nicht in der Regierung sein sollte
Oktober 2024 - Die Nationalratswahl in Österreich hat ohne Zweifel eine klare Botschaft geliefert: Die rechtsextreme Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist zur stärksten Kraft aufgestiegen. Doch obwohl sie eine erhebliche Anzahl an Stimmen gewonnen hat, bleibt die Frage im Raum, ob die anderen politischen Kräfte im Land der FPÖ den Weg zur Regierungsverantwortung ebnen sollten. Die Antwort darauf muss entschieden „Nein“ lauten.
Nicht nur aus der Sicht von Volt, zu der die FPÖ die Antithese bildet. Auch die Parteien, die in den Nationalrat einziehen werden - und hier sehen wir ganz Besonders auf die ÖVP - sollten nicht der FPÖ zur Macht verhelfen. Die FPÖ steht für eine Politik, die Österreich schaden und international isolieren würde. Hier stellen wir vier zentrale Argumente vor, warum die FPÖ nicht Teil einer Regierung sein sollte.
1. Antieuropäische Haltung und der Angriff auf ein vereintes Europa
Die FPÖ lehnt die europäische Idee eines immer engeren Zusammenschlusses der Staaten entschieden ab. Die Vision eines vereinten Europas, die als „ever closer union“ in den Grundfesten der Europäischen Union verankert ist, wird von der FPÖ negiert. Stattdessen propagiert die Partei ein „Europa der Vaterländer“, eine nationalstaatliche Abschottung, die den Kontinent in Lager spalten würde. All dies mit dem Versprechen nach einer “guten alten Zeit vor dem Beitritt zur EU”. Eine Zeit, die es so nie gab. Aber in Zeiten multipler Krisen verfangen diese Erzählungen. Erzählungen, mit denen man sich den heute relevanten Problemen und Krisen entziehen kann.
Man muß kein Anhänger der Idee einer europäischen Republik sein, wie wir von Volt es tun. Diese Form des Nationalismus, den die FPÖ (und übrigens auch deren Freunde in anderen europäischen Ländern, wie z.B. die AfD in Deutschland) forciert, gefährdet den Zusammenhalt Europas und bedroht den Frieden, den die EU seit Jahrzehnten garantiert. Nationalismus ist keine bloße Ideologie der Vergangenheit, sondern eine reale Bedrohung – das zeigt das Beispiel der jüngeren, tragischen Geschichte zwischen den Ländern der ehemaligen Sowjetunion - hier besonders die Ukraine, aber auch Georgien oder Tschetschenien. Diese Länder waren einst in einer Union, sie waren ein gemeinsames Land. Natürlich nicht vergleichbar mit der heutigen Konstitution der EU, die auf Freiwilligkeit basiert. Aber trotzdem existierte ein gemeinsamer Markt (wenn auch einer mit sozialistischem Plan). Es gab eine gemeinsame Währung, eine gemeinsame Verwaltung, gemeinsame Verkehrsverbindungen, Energieversorgung, Verteidigung usw. Es wurden Ehen geschlossen, es bestanden Familienverbindungen zwischen den einzelnen damaligen Republiken der Sowjetunion. Einige Jahre nach dem (natürlich in diesem Fall verständlichen) Abbrechen dieser Verbindungen erstarkte rasch der Nationalismus, besonders in Russland. Eine Partei und ein Mann versprachen, Russland “wieder groß zu machen”, eine Rückkehr in die gute alte Zeit. All dies führte nach etwa 30 Jahren zum größten kriegerischen Konflikt auf dem europäischen Kontinent seit dem 2. Weltkrieg.
Die Konflikte zwischen ehemals eng verflochtenen Staaten und Gesellschaften, wie man es zwischen Russland und der Ukraine sehen kann, machen deutlich, dass der Nationalismus in Europa wieder zum Krieg führen kann. Ein Erstarken nationalistischer Kräfte wie der FPÖ könnte die Spaltung Europas vertiefen und Instabilität fördern, anstatt die dringend notwendige Zusammenarbeit zu stärken.
Dazu auch unsere Spitzenkandidatin Ina Dimitrieva:
Mit einer Person wie Kickl im Europäischen Rat bekommt Europa einen zweiten Orbàn, der gemeinsam mit den rechtsextremen Kräften im Europäischen Parlament wichtige Fortschritte unserer Union verhindern wird, wie etwa eine umfassende Reform der EU in Richtung einer Vertiefung der sozialen und wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Staaten. Die Schwächen des EU-Systems werden von ihm nur ausgenutzt, zum Beispiel: Das Vetorecht wird von der FPÖ ähnlich wie von Fidesz für eigene politische Interessen und Machtbehauptung eingesetzt.
2. Gefährliche Nähe zu Russland und Gefahr der internationalen Isolation
Um in Russland zu bleiben: Die FPÖ pflegt eine durchaus auffällige Nähe zu Russland und dem Kreml. Wir erinnern uns mit Schaudern an den Knicks von Frau Kneissl vor Wladimir Putin. Diese Frau ist die ehemalige Aussenministerin der Republik Österreich und diesen Posten hatte sie ihrer Partei, der FPÖ, zu verdanken. Es geht weiter über auffällige Verbindungen von ehemaligen Mitarbeitern des BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung), einem Ministerium, dem einst Herbert Kickl als Minister vorstand, wenn er nicht gerade hoch zu Ross saß und/oder deren Medizin zur Entwurmung einnahm oder empfahl. Und nicht zuletzt erinnern wir uns an diverse Freundschaftsverträge mit der Partei “einiges Russland” mit dem allseits bekannten Vorsitzenden sowie der willfährigen Bereitschaft im Wodka-RedBull-Rausch auf Ibiza, einer (vermeintlichen) russischen Oligarchin die ach so heiß geliebte Heimat zu Füssen zu legen.
Die Haltung der FPÖ zu Russland ist nicht nur problematisch, sondern stellt eine potenzielle Sicherheitsbedrohung dar. Schon jetzt gibt es ernsthafte Warnungen aus dem Ausland: Verantwortliche in sicherheitsrelevanten Ausschüssen des deutschen Bundestages haben angedeutet, dass sie erwägen, sicherheitsrelevante Informationen nicht mehr mit Österreich zu teilen, sollte die FPÖ Regierungsverantwortung übernehmen . Dies beruht auf den engen Verbindungen der FPÖ zu Russland und auf Befürchtungen, dass sensible Informationen an den Kreml weitergeleitet werden könnten.
Die FPÖ hat in der Vergangenheit durch ihre Nähe zu Putin und ihrer russlandfreundlichen Politik deutlich gemacht, dass ihr die Europäische Union nichts bedeutet. Das „starke Russland“ unter Putin ist für sie ein Vorbild, was nicht nur Österreich in den Augen seiner europäischen Partner unglaubwürdig macht, sondern auch die europäische Zusammenarbeit schwächt. Eine Regierung unter Beteiligung der FPÖ würde Österreich international isolieren und sein Ansehen nachhaltig beschädigen.
3. Klimawandel-Leugnung und Blockade zukunftsorientierter Politik
Noch vor Kurzem hat Niederösterreich gespürt, was es bedeutet, den Klimawandel nicht ernst zu nehmen. Nachdem sich das Mittelmeer in einem Sommer mit nicht abreisseden Hitzerekorden auf nie dagewesene Höhen erwärmte, entwickelte sich eine Wetterlage, die innerhalb von zwei bis drei Tagen das vier- bis fünffache der normalen Septemberniederschläge punktuell niederregnen ließ. Mitteleuropa versank im Hochwasser, und natürlich machen weder Flüsse noch Wolken vor irgendwelchen Grenzen Halt. Existenzen wurden vernichtet, mitunter kostete diese Katastrophe Menschenleben. Währenddessen vergnügt sich der EU-Abgeordnete Harald Vilimsky auf einer Benefiz-Gala des Heartland Institute. Es handelt sich hier um einen wirklich schlimmen Think Tank, dem wir Kampagnen gegen Rauchverbote verdanken und nicht zuletzt Agitation, Fundraising und Campaigning gegen Maßnahmen das Klima und damit unser aller Lebensgrundlage zu retten. Dass sich auf dieser Gala das Who-is-who der Konzerne der fossilen Industrie trifft, das hat natürlich Methode. Die FPÖ ist die Verteidigerin des Besitzstandsdenkens dieser Gruppen. Natürlich möchte man nicht, dass die Menschen eine Etage nach oben blicken und dort entdecken, wer wem welche Suppe einbrockt. Besser ist es für jene, die sich da auf der Benefiz-Gala des Heartland Instituts tummeln, wenn der Blick sich in eine andere Richtung wendet - nach unten. Auf die sozial Abgehängten, die Migranten, die Schwächeren. Und dieses Spiel beherrscht die FPÖ natürlich Bestens.
Einer der dringendsten globalen Herausforderungen unserer Zeit, der Klimawandel, wird von der FPÖ also aus taktischen Gründen kategorisch geleugnet. Vermutlich glauben viele an den Schalthebeln dieser Partei nicht einmal selber an den himmelschreienden Unsinn, der mitunter aus dieser Richtung kommt (Klimawandel durch Sonneneruptionen, durch Verschiebung der Erdachse usw. usf.). Unter dem Slogan „Klimaschutz mit Hausverstand“ verfolgt die Partei eine rückwärtsgewandte und gefährliche Politik, die im Grunde besagt: „Man braucht nichts machen, der Klimawandel ist nicht menschengemacht.“ Dies steht im klaren Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und zu den Bestrebungen der internationalen Gemeinschaft, den Klimawandel zu bekämpfen.
Österreich braucht eine Regierung, die zukunftsorientierte und mutige Maßnahmen gegen die Klimakrise ergreift, anstatt sie zu leugnen. Eine FPÖ-geführte Regierung würde jedoch die dringend notwendigen Fortschritte im Klimaschutz blockieren und Österreich isolieren, während andere Länder ihre Wirtschaft auf nachhaltiges Wachstum und erneuerbare Energien ausrichten. Österreich würde zurückfallen – wirtschaftlich, politisch und ökologisch.
4. Populismus und Hetze gegen „den Fremden“
Die FPÖ hat ihre Wählerbasis vor allem durch die gezielte Ausnutzung von Ängsten, Unsicherheiten und Unzufriedenheit aufgebaut. Es steht außer Zweifel, das wir in einer Zeit multipler Krisen leben. Finanzkrise, Klimakrise, die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten. Zudem finden gesellschaftliche und demografische Umwälzungen statt. All dies kann verständlicherweise zur Überforderung führen. In eben solchen Zeiten nutzt die FPÖ diese Ängste und lenkt sie gegen „den Fremden“ als Sündenbock, obwohl dieses weder die tatsächlichen Auslöser von Ungleichheit (z.B. die aktuelle Vermögensverteilung und Steuergesetzgebung) trifft als auch irgendeines der obigen Probleme lösen könnte. Aber in einer Welt, in der schon die elementare Bildung immer mehr ökonomisiert wird (gelernt wird, womit Mensch am Schnellsten auf den Arbeitsmarkt geworfen werden kann), verfangen solche einfachen Lösungen natürlich. Diese Form des Populismus spaltet die Gesellschaft, anstatt Lösungen für die realen Probleme wie soziale Ungleichheit und wirtschaftliche Unsicherheit zu bieten. Und sie fordert immer neue Demütigungen und Entrechtungen der ausgegrenzten Gruppen, um die Mehrheitsgesellschaft zu beruhigen.
Wir wissen alle aus der Geschichte, wohin der Weg des Hasses, der Ausgrenzung und der Aushebelung elementarer Menschenrechte führt. Eine Regierung jedenfalls, die auf Spaltung statt auf Zusammenhalt setzt, wird das Land nur weiter auseinanderreißen.
Fazit: Österreich darf keine Fehler der Vergangenheit begehen
Die FPÖ mag stärkste Kraft geworden sein, doch die anderen Parteien sollten ihr keinesfalls den Weg zur Regierungsverantwortung ebnen. Ihre antieuropäische Haltung, die gefährliche Nähe zu Russland, das Leugnen des Klimawandels und die gezielte Hetze gegen „den Fremden“ machen sie zu einer Partei, die Österreich isolieren und schwächen würde – politisch, wirtschaftlich und moralisch.
Die Zukunft Österreichs liegt nicht in nationalistischen Festungen, sondern in einem offenen, vereinten Europa, aus unserer Sicht am Besten in einer europäischen Republik. Parteien, die an dieser Vision festhalten, sollten sich gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ aussprechen – für das Wohl des Landes und seiner Bürger*innen.
Deshalb fordern wir in einem offenen Brief alle demokratischen Kräfte in Österreich auf, zusammenzuarbeiten und eine stabile Regierung zu bilden, die sich zu den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der europäischen integration bekennt.